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(Zweibrücker Industriekultur - Klaus Meissner - November 2025)
Im Jahre 18411)2) entwirft Dingler eine einfache und robuste Kniehebel-Presse mit sehr wirkungsvollem Mechanismus, die er Dingler Presse nennt. Die Presse im Bild zeigt eine solche Dingler Presse, die im Deutschen Museum in München ausgestellt ist3). Alle anderen Pressentypen von Dingler, einschließlich der anderen Typen von Kniehebel-Pressen werdenvon Dingler mit anderen Namen bezeichnet (z.B. Hagar Presse, Zweibrücker Presse).
Der Mechanismus der Dingler Presse ist ein einfacher Kniehebel mit kurzem Stab oben und langem Stab unten. Am oberen Stab befindet sich der Angriffspunkt der Hebelkraft an einem nach unten gekröpften Hebel. Damit entstehen günstige Hebelverhältnisse, obwohl die Gesamthöhe des Mechanismus gering ist (entspricht der Höhe von Hagar bzw. Zweibrücker Presse). Die Betätigung wird vorne und hinten um den unteren Stab geführt, in der Seitenansicht sieht das wie eine seitenverkehrte Ziffer „4“ aus.
Die drei Pressen-Typen (Hagar, Zweibrücker und Dingler)verwenden dieselben Elemente des Pressenrahmens, werden in Serie produziert und von Dingler gleichzeitig vermarktet. Die Preise für Zweibrücker und Dingler Pressen sind gleich aber etwas höher als für die Hagar Presse4). Die Dingler Presse ist für den Drucker leichter einzustellen (1 Keil statt 2 Keile am Oberbalken).
Da die Dingler Presse mit weniger Bauteilen auskommt und viele Bauteile mit den anderen Modellen teilt, ist ihre Gewinn-Marge höher.
Dingler beschreibt die Dingler Presse im Journal von Meyer5) und gibt die Münzpresse von Diedrich Ulhorn als Vorbild an. Aber ihm dürfte zu dieser Zeit die Washington Presse aus Nordamerika bekannt sein, zumal sein ehemaliger Mitstreiter Georg Sigl diese bereits seit 1840 in Berlin fertig (s.u.).
Im Stadtarchiv von Mönchengladbach sind Dokumente des Erfinders und Fabrikanten Diedrich Ulhorn aus Grevenbroich erhalten.
Ulhorn hat die Ausführungen eines Mitarbeiters der Münze in St. Petersburg übersetzt, analysiert und daraus eine äußerst erfolgreiche Münzpresse mit Kniehebel entwickelt, die ab 1820 bei der preussischen Münze eingesetzt wurde und anschließend weltweit Erfolg hatte.
Neben der Ausarbeitung von Newedomsky aus St. Petersburg über den Kniehebel-Mechanismus von 1811 (!) findet sich die Zeichnung einer Münzpresse von Ulhorn6). Die Bauelemente „17“, „18“ und „19“ der Presse (rechte Seite, mittig) sind der eigentliche Kniehebel-Mechanismus.
Georg Sigl berichtet in einem Brief vom 01.12.1840 an Meyer7) über die Eröffnung seiner Fabrik in Berlin und seine 1,5 Jahre bei Dingler, in denen er den Bau von Handpressen erlernte. Er gibt ausserdem an, dass er zu den Hagar Pressen mit einfachem Kniehebel und den verbesserten mit doppeltem Kniehebel (Zweibrücker Presse), jetzt auch eine Presse der Bauart „Washington“ anbietet, die sich ja in Amerika großer Beliebtheit erfreut.
Das Ruhrmuseum in Essen zeigt eine Dingler Presse als: „Kniehebelpresse (»Dinglerpresse«), Fa. Koch & Co. Leipzig, 1861“ mit der Beschreibung „Die Leipziger Firma Koch & Co. baute diese Zeitungspresse ab 1861. Der Name »Kniehebelpresse« leitet sich davon ab, dass die Hebelfunktion der eines Knies ähnelt.“
Die Firma Hugo Koch wurde 1859 in Leipzig Connewitz gegründet, ob sie Nachfolgerin von Koch & Cp. ist, die 1858 angibt 300 Papierschneidemaschinen gebaut zu haben, ist unklar. Koch & Cp. bewirbt 18588) besagte Papierschneidemaschinen sowie Artikel für Lithographie und Steindruckereien und Gasmotoren nach Lenoir. Alle Firmenbezeichnungen in Anzeigen lauten auf Hugo Koch von Companie oder Compagnons ist hier nie die Rede!
Die Gussornamente der Presse in Essen entsprechen denen von Dingler (z.B. 2 Greife mit Lorbeerkranz auf dem Oberbalken, die Verzierung auf der Stütze), das Maschinenschild ist genauso ausgefertigt und gehalten wie bei Dingler, lautet aber „Koch & Co, Maschinenbauanstalt, No. 34“. Es hat den Anschein als habe Koch ab 1861 die Produktion mit den Gussmodellen von Dingler fortgesetzt. Ob Dingler die Modelle an Koch verkauft hat, ist zur Zeit nicht bekannt.
Koch bewirbt 1861 seine Druckerei-Produkte mit insgesamt 14 Anzeigen im Journal für Buchdruckkunst9). Dabei ist die Buchdruckhandpresse No. I die Zweibrücker Presse und die No. II die Dingler Presse. Soweit auf den Stichen erkennbar, zeigt der Oberbalken für beide Pressen die Greife von Dingler10).